„Mein Wirkungsbereich hat sich deutlich vergrößert“

Im gemeinsamen Interview sprechen der neue Vizepräsident für Lehre und Internationales (VPL), Prof. Dr. Rolf Socher, und der neue Vizepräsident für Forschung und Technologietransfer (VPF), Prof. Dr.-Ing. Sören Hirsch, über ihre Motivation, ihre ersten Amtshandlungen und die Ziele für ihre Amtszeit.

Prof. Dr.-Ing. Sören Hirsch

Prof. Dr. Rolf Socher

Aus welchen Gründen haben Sie das Amt übernommen?

Prof. Dr.-Ing. Sören Hirsch: Ich habe eine verhältnismäßig große Bandbreite an Erfahrungen mit allen möglichen Projektformen: Landesförderung, Förderungen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, Förderungen durch die Deutsche Forschungsgesellschaft, Wirtschaftsförderung, Förderungen durch eine Investitionsbank und EU-Förderungen. Das ist mein Hintergrund. An unserer Hochschule wissen wir, dass wir tendenziell neue Finanzierungsmodelle brauchen. Ich konnte mir sehr gut vorstellen mit den Möglichkeiten eines Joint Lab (Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Unternehmen) oder Ähnlichem neue Strukturen aufzubauen. Die Freiheit, so etwas zu gestalten, finde ich spannend. Ich kenne mich gut mit den Förderstrukturen in Sachsen-Anhalt aus, die in Brandenburg werde ich noch lernen. Es ist mein großes Ziel, in Brandenburg solche Strukturen zu etablieren und zu bündeln. Das war der Hauptbeweggrund.

Prof. Dr. Rolf Socher: Meine Motivation ging von der Mathematik aus: Es ist ein schwieriges Fach für die Studierenden und vor allem auch für die Vermittlung. Da muss man didaktisch klug überlegen: Wie bringe ich es rüber? Und das war für mich ein Grund, mich zu bewerben und meine Bereitschaft zu erklären, das Amt zu übernehmen: Mich haben Themen der Lehre schon immer interessiert – neue Lehr- und Lernformen, wie projektbasierte Lehre, Inverted Classroom, …

Was ist das?

Prof. Socher: Inverted Classroom bedeutet, dass man auf die Vorlesung verzichtet und Lehrmaterialien zur Verfügung stellt. Dann nutzt man die gewonnene Zeit, um verstärkt Konsultationen und Übungen zu machen. Jede Woche gebe ich bekannt, welche Teile eines Skripts vorzubereiten sind und die Studierenden sollen sich Probleme, Verständnisschwierigkeiten usw. notieren, damit wir darüber sprechen können. Unser Online-Studiengang Medieninformatik funktioniert genauso.

Welches sind die drei wichtigsten Ziele für Ihre Amtszeit?

Prof. Socher: Eines ist auf jeden Fall die Digitalisierung der Lehre. Ich will jetzt nicht sagen, dass alle Vorlesungen digitalisiert werden sollen, aber es geht darum, bei der Digitalisierung voranzukommen und sie auszubauen. Auch soll Digitalisierung als Thema in der Lehre etabliert werden. Auch die Evaluation der Lehre möchte ich weiter vorantreiben, und zwar nicht als Kontrollinstrument, sondern als Unterstützung für die Lehrenden. Als drittes Ziel ist die Weiterbildung wichtig.

Prof. Hirsch: Den eingeschlagenen Weg in Richtung der Transferstrategie möchte ich gern weitergehen und dabei meine Erfahrungen einbringen. Ich habe ja den Werdegang von der Lehre über Forschung und Entwicklung bis zur Ausgründung mehrmals selbst mitgestaltet. Ich denke, dass ich im Transferbereich entsprechende Hilfestellungen geben kann. Wichtig ist mir auch, dass wir die interne Vernetzung unserer Forschungsschwerpunkte voranbringen. Ich möchte, dass wir Bereiche schaffen, in denen Forscherinnen und Forscher wirklich kreativ arbeiten können. Wir sollten uns als Hochschule stärker in die Clusterstrategie des Landes Brandenburg einbringen. Die Clusterförderung könnte einer der neuen Wege sein, die man gehen muss, um mit einem Joint Lab größere Geldmittel einzuwerben.

Prof. Socher: Bei mir ist es umgekehrt: Es ist für mich die letzte Chance, eine solche Aufgabe zu übernehmen, denn in drei Jahren werde ich pensioniert. Und jetzt habe ich noch einmal die Gelegenheit, so ein anspruchsvolles und herausforderndes Amt auszuüben, auch gerade für diese Hochschule, mit der ich mich so verbunden fühle. Deshalb habe ich mich rasch für dieses Amt begeistern können.

Welches war Ihre erste Amtshandlung?

Prof. Socher: Die Beschaffung einer Evaluationssoftware. Zumindest habe ich den Prozess angestoßen, aber bis die Software genutzt werden kann, dauert es noch eine Weile.

Prof. Hirsch: Erst einmal alles, was nicht zur Forschung und Entwicklung zählt, auf Eis legen. Im Moment befinde ich mich noch in der Findungsphase, muss einen Überblick gewinnen. Ich habe eine ganz bestimmte Vorstellung von Vorgängen und Verhältnissen und werde jetzt oft darin korrigiert.

Prof. Socher: Was ich schön finde: Man lernt unheimlich viel über Politik, über die Hochschule, auch nicht nur die eigene, wenn man sich mit anderen Hochschulen austauscht – das ist toll!

Prof. Hirsch: Ich war Forscher und Entwickler für mikrosensorischen Anwendungen, dafür würde ich immer eine Lanze brechen. Jetzt allerdings darf ich nicht nur mich im Fokus sehen, sondern als erstes einmal das Wohl der Hochschule, im erweiterten Sinne das Wohl der ganzen Region. Deshalb tue ich mich schwer, eine erste Amtshandlung zu benennen. Ich hätte viele Amtshandlungen gerne gemacht, z.B. eine gläserne Fabrik aufgebaut und alles Mögliche (lacht). Aber momentan muss ich mich erst einmal politisch und gesellschaftlich orientieren.

Nach den ersten Wochen im Amt: Was ist anders als erwartet?

Prof. Hirsch: Mein Wirkungsbereich hat sich deutlich vergrößert. Ich kannte bisher das Wohl meiner eigenen Mitarbeiter, Promovenden usw., aber jetzt muss ich auf die Belange von anderen Forschungsthemen und Forschungsarbeiten eingehen und mitwirken. Über vieles, mit dem ich konfrontiert werde, muss ich mich erst einmal informieren und mir einen Bewertungsmaßstab erarbeiten, weil es ja doch eine leicht andere Welt ist. Ich lerne so viele Substantive kennen, die ich erst einmal verstehen muss …

Prof. Socher: … und die ganzen Abkürzungen …

Prof. Hirsch: … ja, auch Abkürzungen und niemand verwendet Verben. Dadurch weiß ich gar nicht, was eigentlich gemacht wird. Und Personen! Es werden mir viele Personen genannt, die man selbstverständlich kennen muss, da bin ich oft überrascht.

Prof. Socher: Eigentlich war ich nicht so richtig überrascht.

Sie waren ja schon Dekan …

Prof. Socher: Ja, ich war im großen Präsidium immer dabei und kenne schon vieles.

Prof. Hirsch: Für mich ist das alles wirklich neu.

Was möchten Sie der Hochschulöffentlichkeit noch sagen?

Prof. Hirsch: Wir alle müssen bereit sein, Abstriche zu machen, um weiter voranzukommen. Ein Beispiel dafür ist die Diskussion über Räume an unserer Hochschule. Das gilt auch im Hinblick auf Forschung, Entwicklung und Transfer: Das ist alles schön und gut, wenn wir darüber reden. Aber unsere Hauptaufgabe ist, dass wir bestimmte Studierendenzahlen erreichen, um auf ein ganz bestimmtes Level zu gelangen; diese Studierendenzahlen sind für uns momentan existenziell.

Prof. Socher: Also, ich finde es wichtig, dass sich jede und jeder an der Hochschule als Teammitglied versteht; dass wir keinen Haufen von Einzelkämpfern haben, sondern dass wir alle an einer gemeinsamen Aufgabe arbeiten. Damit renne ich mit Sicherheit offene Türen ein, aber ich wollte noch einmal betonen, wie wichtig das ist.

Prof. Hirsch: Das ist schön gesagt und wir müssen mehr daran arbeiten, aber es ist auch schwierig. Es gibt hier sehr viele, sehr gute Einzelkämpfer, die hervorragende Leistungen bringen; aber es sind nicht nur unbedingt ihre eigenen Leistungen, sondern letztlich die der Hochschule.

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