Abendvorlesung über „Zufallsprozesse in der Digitaltechnik“ von Prof. Dr.-Ing. Gerald Kell

Bei der nächsten Abendvorlesung am Montag, 11. November 2019 um 18:00 Uhr im Audimax der Technischen Hochschule Brandenburg (THB) geht es um „Zufallsprozesse in der Digitaltechnik“. Die Situation, in der ein Esel verhungert, weil er sich nicht entscheiden kann, welchem von zwei gleich weit entfernten Heuhaufen er sich zuerst zuwenden soll, ist als das Buridansche Paradoxon bekannt. Vor ähnlich gelagerten Problemen stehen gelegentlich auch digital arbeitende Maschinen. Eine Lösung liegt im Phänomen des Zufalls. Aber kann es hier überhaupt echte Zufälle geben? Unterstützt durch ein paar einfache Experimente, möchte Prof. Dr.-Ing. Gerald Kell gern eine allgemein verständliche Antwort auf diese Frage geben.

Abendvorlesung „Zufallsprozesse in der Digitaltechnik“

Prof. Dr.-Ing. Gerald Kell

Die Abendvorlesungen richten sich an die interessierte Öffentlichkeit, an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studierende sowie Schülerinnen und Schüler. In dieser Veranstaltungsreihe werden aktuelle Themen allgemeinverständlich und wissenschaftlich fundiert vorgestellt. Die Veranstaltung ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

 

Technische Hochschule Brandenburg

Die 1992 gegründete Technische Hochschule Brandenburg ist eine moderne Campushochschule mit Sitz in Brandenburg an der Havel. Das Lehrangebot der Hochschule erstreckt sich über die Fachbereiche Informatik und Medien, Technik sowie Wirtschaft – zunehmend auch in berufsbegleitenden und dualen Formaten. Die THB fördert besonders die Möglichkeit eines Studiums ohne Abitur. Die rund 2.700 Studierenden werden von etwa 70 Professorinnen und Professoren betreut. Alle Studiengänge führen zu einem Bachelor- oder Master-Abschluss. Mehr Informationen unter www.th-brandenburg.de

 

 

 

Interview mit Prof. Dr.-Ing. Gerald Kell

zu seiner Abendvorlesung „Zufallsprozesse in der Digitaltechnik“

Wo ist in der durch Naturgesetze bestimmten Welt Platz für den Zufall?

Prof. Kell: Zufälle sind eine philosophische Kategorie, die dort zum Tragen kommt, wo es um Entscheidungsprozesse geht. Überträgt man diese auf technische Anwendungen und naturwissenschaftliche Phänomene, werden Zufälle zuerst in der Quantenphysik sichtbar. Dort sind einzelne Ereignisse nicht vorhersehbar, auch wenn sich in einer großen durchschnittlichen Anzahl von vielen Ereignissen, z. B. Lichtquanten im Lichtstrahl, klare Regeln formulieren lassen.

Wie können diese Zufälle technisch genutzt werden?

Prof. Kell: Neben den Zufällen in der Quantenphysik spielt hier meist die Selbstverstärkung eine Rolle, durch die Entscheidungsprozesse bei kleinsten Ereignissen bis in die bemerkbare Ebene transferiert werden können, wo sie für die technische Anwendung greifbar sind. Oftmals resultieren daraus eher technische Nachteile. Nützlich sind derartige Zufälle aber beispielsweise bei der Auflösung von Deadlocks und für die Generierung von Testdaten.

Weshalb bekommen wir im Alltag nichts vom Zufall im Nanobereich mit?

Prof. Kell: Das liegt daran, dass die Auswirkungen so gering sind, dass sie mit unseren Sinnen nicht nachempfindbar sind. Seitdem der Mensch aber technische Hilfsmittel hat, die ihn in die Lage versetzen, in den mikroskopischen Bereich vorzudringen, muss er die Regeln der Quantenwelt akzeptieren. Diese Regeln unterscheiden sich von unseren makroskopischen Vorstellungen manchmal deutlich.

Wie sind Sie auf das Problem gekommen?

Prof. Kell: Seit einigen Jahren habe ich mich im Rahmen der Hochgeschwindigkeitslogik mit einem Mutex-Gatter beschäftigt. Ein solches digitales Element kann Entscheidungen auch zwangsweise herbeiführen, selbst wenn von außen gesehen zwei vollkommen identische Heuhaufen vor einem digitalen Esel stehen und dieser sich nun entscheiden muss, welchen dieser beiden Heuhaufen er zuerst ansteuert. Dieses Mutex-Element basiert auf mikroskopisch kleinen Transistoren, in denen zufällige Quantenprozesse eine Rolle spielen. Ich habe einmal in die Welt der digitalen Modellierung übersetzt, was ein solches Mutex-Gatter macht. Das Spannende an unserer Forschungsarbeit ist, dass wir so etwas bis in den Zeitbereich von Picosekunden (billionstel Sekunden) beschleunigen können. Damit können wir auch technische Lösungen bereitstellen, die solche Entscheidungsprozesse noch schneller herbeiführen, als es denn ein Mikroprozessor mit einem Zwei- oder Vier-Gigahertz-Takt könnte.

Print this pageDownload this page as PDF
Presseinformationen