Abendvorlesung: Treibhauseffekt, Klimawandel und Nachhaltigkeit

Um große Fragen der Menschheit geht es bei der nächsten Abendvorlesung am Montag, 9. Dezember 2019 um 18:00 Uhr im Audimax der Technischen Hochschule Brandenburg (THB). Anlässlich der zeitgleich stattfindenden Weltklimakonferenz in Madrid befassen sich der Physiker Prof. Dr. Michael Vollmer und der Ingenieur Prof. Dr.-Ing. Robert Flassig mit den Themen „Treibhauseffekt, Klimawandel und Nachhaltigkeit“.

Prof. Dr. Michael Vollmer

Prof. Dr.-Ing. Robert Flassig

Die Wissenschaftler zeigen wissenschaftliche Fakten zum Treibhauseffekt auf, der den Klimawandel hervorruft. Dann gehen sie der Frage nach, wie die weitere Entwicklung der Erde durch eine nachhaltige Art des Lebens und Wirtschaftens beeinflusst werden kann. 

Die Abendvorlesungen der THB richten sich an die interessierte Öffentlichkeit, an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studierende sowie Schülerinnen und Schüler. In dieser Veranstaltungsreihe werden aktuelle Themen allgemeinverständlich und wissenschaftlich fundiert vorgestellt. Die Veranstaltung ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

 

Technische Hochschule Brandenburg

Die 1992 gegründete Technische Hochschule Brandenburg ist eine moderne Campushochschule mit Sitz in Brandenburg an der Havel. Das Lehrangebot der Hochschule erstreckt sich über die Fachbereiche Informatik und Medien, Technik sowie Wirtschaft – zunehmend auch in berufsbegleitenden und dualen Formaten. Die THB fördert besonders die Möglichkeit eines Studiums ohne Abitur. Die rund 2.700 Studierenden werden von etwa 70 Professorinnen und Professoren betreut. Alle Studiengänge führen zu einem Bachelor- oder Master-Abschluss. Mehr Informationen unter www.th-brandenburg.de

 

 

 

Interview mit Prof. Dr. Michael Vollmer und Prof. Dr. Robert Flassig

zur Abendvorlesung „Treibhauseffekt, Klimawandel und Nachhaltigkeit“ am 9. Dezember 2019

Seit wann wissen Sie vom Treibhauseffekt?

Prof. Vollmer: Davon habe ich vor mindestens 30 Jahren zum ersten Mal gehört. Ich habe dann auch direkt während der 3. Weltklimakonferenz, dem Kyoto-Klimagipfel von 1997, und nochmals vor elf Jahren hier an der Hochschule einen Vortrag dazu gehalten. Im Prinzip wissen wir schon sehr lange davon.

Prof. Flassig: Persönliche Erfahrungen zum Treibhauseffekt habe ich als Kind im Garten gemacht, vor etwa 30 Jahren. Wissenschaftlich habe ich mich dann im Studium damit beschäftigt.

Ist über den Klimawandel nicht schon alles gesagt worden?

Prof. Vollmer: Man könnte diese Meinung zwar vertreten. Das Problem ist allerdings, dass es neben manchen Entscheidungsträgern auch viele Menschen gibt, die die Dinge, die gesagt werden, einfach nicht verstehen und deshalb glauben, die entsprechenden notwendigen Maßnahmen seien unnötig. Deshalb wollen wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die es in diesem Bereich gibt, präsentieren und erklären, sodass niemand den Klimawandel einfach zu einer Glaubensfrage erhebt. Klimawandel, Treibhauseffekt und Nachhaltigkeit sind zunächst wissenschaftliche Fragestellungen, die wissenschaftlich erforscht sind. Wir wollen möglichst viele allgemeinverständliche Informationen dazu geben um diese Thematik für jeden verständlich zu machen.

Prof. Flassig: Wir müssen aufklären und möglichst viele verschiedene Sichtweisen zu der Thematik liefern – natürlich auf sachlicher Basis. Wir wissen aber auch, dass das nicht ausreicht. Wissenschaftskommunikation ist eine Wissenschaft für sich. Wir können einen Fakt auf wissenschaftlicher Grundlage beschreiben, aber wenn jemand einen anderen Glaubensansatz hat oder in anderen Schubladen denkt, nimmt er das nicht auf. Das ist die Herausforderung. In solch einem Abendvortrag sehe ich die Chance ins Gespräch zu kommen, die Schubladen der Leute zu verstehen und entsprechend auch wissenschaftliche Fakten mit der Realität zu synchronisieren. Eine kontinuierliche Wissensvermittlung und Sensibilisierung für dieses Thema ist wichtig, viel wichtiger ist aber, dass es auch ankommt und Früchte trägt; darum geht es an dem Abend.

Auf welchen Gebieten kommt es jetzt besonders auf Nachhaltigkeit an?

Prof. Flassig: Auf diese Veranstaltung bezogen ist für mich Nachhaltigkeit, Bewusstsein schaffen dafür, dass wir etwas unternehmen müssen und können. Ich will praktische Anregungen für jedermann liefern. Darüber werden wir sprechen, wo wir nachhaltig agieren können und auch die Implikationen für uns, wenn wir uns für ein nachhaltiges Handeln entscheiden. Nachhaltigkeit ist zumeist mit den Begriffen Konsum, Ressourcen, Energie verbunden. Wir können uns also konkret darüber Gedanken machen, welchen Livestyle wir pflegen wollen. Geht es weniger? Geht es irgendwie besser oder sogar anders? Diese Fragen liefern Handlungsansätze von unten. Der Handlungsansatz von oben kann ebenso erschlossen werden. Insbesondere die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass man Antworten umsetzen kann ist der Auftrag an die Politik. Da können wir als Individuum wenig erreichen, außer es einfordern bei beispielsweise Demonstrationen. Ich möchte aber, dass wir uns im ersten Schritt darauf besinnen, was wir selbst machen können.

Prof. Vollmer: Nachhaltigkeit gibt es in sehr vielen Bereichen und jeder einzelne kann nachhaltig leben. Denken wir nur an Ressourcen und Müll am Beispiel Plastik. Ich finde es sehr gut, dass immer mehr Geschäfte gestatten, die Waren nicht in Plastik einzupacken, sondern eigene Behälter zu nutzen. Das geht nicht nur bei Obst und Gemüse sondern mittlerweile auch schon bei Käse usw.. So kann jeder Mensch auch heute schon versuchen, ressourcensparend nachhaltig zu leben und entsprechend zu agieren.

Prof. Flassig: Wichtig ist mir auch, nicht so sehr die Moralkeule zu schwingen. Wir wollen Mut machen, Anregungen finden und feststellen: Nachhaltigkeit können wir eigentlich alle leben. Nachhaltigkeit bedeutet letztlich ja nur, verantwortungsvolles Handeln. Es sind deshalb auch nicht ausschließlich Energie- und Ressourcenkomponenten, sondern beispielsweise soziale und kulturelle Komponenten zu berücksichtigen. Es reicht eben nicht, nur Strom oder Plastik einzusparen um wirklich nachhaltig zu leben. Ich habe einige Reportagen über „Fridays for Future“ gesehen, wo ich in den Interviews gemerkt habe: Die haben ja wirklich richtig Angst! Wir brauchen aber keine Panik, wir müssen die Probleme feststellen, akzeptieren und überlegen: Wie können wir jetzt weitermachen, wie soll unsere Zukunft aussehen? Das ist eigentlich die wesentliche Komponente der Nachhaltigkeit, nach vorne denken.

Prof. Vollmer: Die Angst sollte man aber ernst nehmen …

Prof. Flassig: Absolut!

Prof. Vollmer: Es gibt sehr viele junge Menschen, die wirklich Angst haben, weil sie zum Beispiel sehen, dass seit dem Kyoto-Protokoll (1997!) eigentlich nichts Wesentliches passiert ist. Wenn man sich die gesamten weltweiten CO2-Emissionen danach anschaut, dann sieht man: Es ist ein permanenter Anstieg und wenn junge Leute bei der Auseinandersetzung mit der Thematik merken, dass sich auch in den letzten 20 Jahren, praktisch nichts verändert hat, obwohl es das Kyoto-Abkommen gab, kann ich verstehen, dass es Ängste gibt. Und deswegen ist es gut, dass es jetzt eine Bewegung gibt, die politischen Druck ausübt und zwar in vielen Ländern.

Ein typisches Argument, das ich immer wieder höre, ist: „Warum sollen denn wir anfangen? Das bringt nur was wenn alle es machen!“

Die Antwort darauf: wenn wir warten bis alle etwas machen, dann findet es nie statt.

Jeder Mensch als Einzelner kann etwas bewegen und kann damit auch ein kleines Vorbild für die Umgebung sein. Genauso ist es auch mit Ländern: Wenn manche Staaten anfangen und erste Gesetze machen, die in diese Richtung gehen, dann verändert sich dadurch nicht sofort die Welt. Aber auf diesem Weg entstehen Innovationen in den dadurch eröffneten Bereichen, was wirtschaftlichen Fortschritt bewirkt. Dadurch haben diese Länder vielleicht auch eine gewisse Vorbildfunktion, sodass Entscheidungsträger anderer Länder überzeugt werden können, sich ähnlich zu verhalten. Es ist wichtig, dass man wegkommt vom nationalen Egoismus. Globale Wirtschaft bedeutet nicht, dass man das „global“ nur nutzt, um selbst den größten Nutzen zu haben, sondern dass man insgesamt eine Nachhaltigkeit für die gesamte Welt erzeugt.

Prof. Flassig: Noch eine Anmerkung: Nachhaltigkeit hat auch explizit eine ökonomische Komponente. Wenn wir eine bestimmte Summe zur Verfügung haben, können wir uns fragen: Was ist damit erreichbar? Sollen wir alles in den Klimaschutz oder eher Naturschutz stecken? Es gibt ja den klassischen Konflikt Klimaschutz vs. Naturschutz, das sehen wir jetzt in der Windkraftdiskussion. Oder sollten wir die Summe besser in Bildung und Armutsbekämpfung stecken? Das Thema Nachhaltigkeit ist ein sehr breites Feld und hat auch viele Zielkriterien, die konfliktbelastet sind. Das muss man erkennen, diskutieren und auch in einem gewissen Rahmen hinnehmen können: Worauf legen wir den jeweils höheren Wert? Die einfache Lösung erscheint unrealistisch.

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